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Erfolgreiche Bürgerbegegnung in Eltvilles Partnerstadt Passignano


Eltville am Rhein / Passignano.Turnusgemäß hätte die Bürgerbegegnung in Eltvilles mittelitalienischer Partnerstadt Passignano schon im Mai 2020 stattfinden sollen. Doch Corona machte einen Strich durch alle Planungen, und das galt auch für die Verlegung um ein Jahr. Nun aber konnte sie endlich stattfinden – und über 40 Eltvillerinnen und Eltviller, darunter 12 Pfadfinder, nahmen an der fünftägigen Reise teil, die selbst eingefleischten Passignano-Kennern noch viel Neues vermitteln konnte.

Die Co-Vorsitzende des für die Städtepartnerschaft zuständigen Partnerschaftsvereins Eltville-Passignano (PEP), Cristiana Licheri, die nach längerer Zeit in Deutschland seit einigen Jahren wieder in ihrer italienischen Heimat lebt, hatte sie organisiert und dabei einige Überraschungen parat gehabt. Der Verein PEP hat übrigens drei Personen aus Syrien und der Türkei, die erst seit ein paar Jahren in Eltville leben, die kostenlose Mitfahrt nach Passignano ermöglicht, damit sie mehr über Europa und das Netzwerken über Grenzen hinweg erfahren.

Mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln waren die Teilnehmenden diesmal an den Trasimenischen See gelangt – ob mit Bus, mit eigenem Fahrzeug oder mit dem Flieger. Jedenfalls waren alle zur Stelle, als es im Segelclub Velico Trasimeno losging und sich die beiden Bürgermeister, die zuvor schon mehrfach online miteinander im Gespräch waren, erstmals persönlich begegneten.

Denn Sandro Pasquali war erst vor vier Jahren zum „Sindaco“ gewählt worden – als Nachfolger von Ermanno Rossi, der ebenso wie sein Vorgänger Claudio Bellaveglia an der Bürgerbegegnung teilnahm. Beide sind in Eltville als erklärte Fürsprecher dieser Städtepartnerschaft in lebhafter Erinnerung.

Nun hat es zwischen Pasquali und Patrick Kunkel, der bekanntlich schon seit 16 Jahren im Amt ist, „direkt gefunkt“, wie es Gaby Roncarati, die andere Co-Vorsitzende des PEP-Vereins, freudig beschreibt: „Beide sind überzeugte Europäer!“ stellt sie fest und markiert damit die Grundvoraussetzung für eine gelingende europäische Kooperation auf Gemeindeebene.

Da war es dann völlig nebensächlich, dass das geplante gemeinsame Segeln auf dem Trasimenischen See aufgrund der Windflaute nicht stattfinden konnte und stattdessen Gummi-Motorboote aktiviert wurden für die Fahrt zur Isola Maggiore.

Beim offiziellen Empfang und der Begrüßung der Eltviller Gäste tags darauf auf der Burg, der Rocca, gab sich die Europaabgeordnete Camilla Laureti bei strahlendem Sonnenschein die Ehre und sagte, „dass wir den europäischen Schlüssel an die Kinder und Jugendlichen übergeben müssen, damit sie weiter am Haus Europa arbeiten“. Diesen nahm ideell die Bürgermeisterin der Kinder und Jugendlichen („Mini-sindaca“), Federica Mortini, entgegen.

Es sei wichtig, dass vor allem auch die Jüngeren sich engagieren für Frieden und Umwelt, sagte sie. Anschließend begab sich die Delegation in den „Park der Europäischen Solidarität“, mit dem Eltville und PEP unmittelbar verbunden sind, hatten sie doch nach dem großen Sturm dort mehrere Bäume und eine Tafel gespendet.

In der Schule Istituto Comprensivo Dalmazio Birago gab es nach einer Einführung durch die ehemalige Präsidentin des deutschen Umweltbundesamts, Maria Krautzberger, eine interessante Präsentation von Projekten des passignanesischen Kinder- und Jugendbeirats zum Thema Klimawandel zu sehen mit Beiträgen etwa zum regelmäßigen Clean-Up in der Stadt und am Ufer, zur Mülltrennung in der Schule etc. Die Eltviller „Pfadis“ machten anschaulich, wie sie bei ihren Aktivitäten Müll vermeiden. Vom Eltviller Kinder- und Jugendbeirat wurde eine Videobotschaft mit Einladung zum gemeinsamen Austausch gezeigt.

Sicherlich ein Höhepunkt war die mehrsprachige Lesung mit Kindern des Buchs „Die kleine Raupe Nimmersatt“ auf Englisch, Spanisch, Rumänisch, Albanisch, Türkisch und Deutsch. „Integration beginnt bei den Kindern“, betonte Eva-Maria Kunkel, die auch in Eltville Lesungen organisiert.

Passignano liegt in Umbrien, der einzigen Region der Apennin-Halbinsel, die über keinen Zugang zum Meer verfügt, aber dafür über den größten Binnensee. Hauptstadt Umbriens ist Perugia, und dorthin fuhr die Gruppe, um an einer Führung durch den „Palazzo della Provincia“ teilzunehmen, in dem die Verwaltung des Landkreises mit 57 Kommunen residiert und das Kreisparlament tagt. Hier gab es auch ein Treffen mit einigen Deutschen, die seit den 1970er Jahren in Perugia leben. „Nach wie vor werden sie nicht als Italiener angesehen, sie sind i Tedeschi“, so hieß es.

Die Eltviller „Pfadis“ verbrachten den Abend gemeinsam mit den Pfadfindern Passignanos in deren Vereinshaus. Es wurden Kontakte geknüpft und verabredet, dass 2024 die Pfadfinder Passignanos im Rahmen der Bürgerbegegnung nach Eltville kommen. Derweil gab es für die „Älteren“ auf der Rocca eine Weinprobe von Weinen des Trasimenogebiets mit Sabina Cantarelli, der Vorsitzenden der Associazione Strada del Vino Colli del Trasimeno, und eine berührende Ausstellung des Fotografen Roberto Faidutti über die klimatischen Veränderungen in Afrika und die Gründe für die Flucht vieler Menschen nach Europa sowie Fotos über die Integration der Geflüchteten in diversen Projekten rund um den Trasimenischen See. Das Abendessen auf der Rocca geriet stürmisch mit heftigen Windböen.

Am nächsten Tag ging es mit der Fähre zur Isola Polvese. Dort gab es eine Besichtigung eines ehemaligen Klosters, in dem eine Gruppe junger Kunststudenten aus Florenz und Perugia künstlerische Projekte zum Thema Klimawandel und Nutzung von natürlichen Ressourcen und „Abfällen“ in der Malerei umsetzen.

Im neuen Restaurant der Fischereigenossenschaft wurde zu Mittag gegessen. Der Genossenschaft war es gelungen, den fast ausgestorbenen Fischfang im Trasimenischen See wiederzubeleben. Mittlerweile, so erfuhren die Teilnehmenden, leben 50 Familien vom Fischfang: Der tägliche Fang werde sehr erfolgreich an Restaurants und Fischhändler rund um den See verkauft.

Unter dem Motto „Solidarität“ stand schließlich das große Abschlussfest. Zuvor hatte es noch ein Treffen mit einem Pfarrer zwecks einer gemeinsamen Organisation einer Pilgerwanderung von Passignano nach Assisi gegeben.

Ganz besonders erwähnenswert, so Gaby Roncarati in ihrer Rückschau, sei das „großartige Engagement“ der beiden LeiterInnen der Pfadis Lilli Ringsdorf und Till Diefenbach. Die mitgereisten Jugendlichen hätten sich „super präsentiert“ und mit Jugendlichen aus Passignano vernetzt.

„Wer weiß, vielleicht kann bei der nächsten Begegnung in Eltville ein gemeinsames Projekt auch zusammen mit den Mitgliedern des Eltviller Kinder- und Jugendbeirats angeschoben werden“, so die Co-Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Eltville-Passignano.

Die nächste Bürgerbegegnung ist wieder in zwei Jahren vorgesehen, dann in Eltville.

Eltville am Rhein, 20. Juni 2022