53. Mahnwache in Eltville
"Die Legende der Rosenstadt“ setzt Zeichen für die Solidarität mit der Ukraine
Eltville am Rhein. Stadtverordnetenvorsteher Ingo Schon und Bürgermeister Patrick Kunkel gedachten der Opfer und gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die jüngsten Signale aus Washington dazu beitragen, die westliche Allianz wieder zu stärken. „Uns allen hier ist klar, dass die Ukraine auch unsere Freiheit verteidigt“, so Schon. „Und wenn die Ukraine fällt, dann fällt danach Europa“, ergänzte Kunkel.
Im Mittelpunkt der Mahnwache stand dieses Mal ein Text, den die Gäste aus der Ukraine über ihre Unterstützung in der Stadt Eltville verfasst hatten. Er wurde auf Deutsch und Ukrainisch verlesen:
„Die Legende von der Rosenstadt
Es war einmal eine kleine Stadt am Fluss, umgeben von Hügeln, auf denen im Sommer die Rosen blühten. Niemand wusste mehr genau, wann man sie zum ersten Mal „Rosenstadt“ genannt hatte. Manche sagten, es lag an den wilden Rosen, die jedes Jahr selbst aus dem trockenen Boden wuchsen. Andere meinten, es lag an den Menschen – an ihrem Herz, das wie eine Rose war: verletzlich, aber voller Leben.
Die Rosenstadt war keine große Stadt, aber sie hatte etwas, das viele anderswo verloren hatten: ein Gefühl für Zusammenhalt. Jeden Samstag versammelten sich die Menschen auf dem Platz – nicht aus Gewohnheit, sondern aus Überzeugung.
Sie hielten ihre Mahnwache – als Ausdruck ihrer Freiheit, sich zu äußern, als stilles Zeichen gegen Gewalt, Krieg und Gleichgültigkeit. Eine Kerze, ein Lied, ein stiller Blick. Manchmal legte jemand eine Rose auf die Stufen des Brunnens – für die Ukraine, für die israelischen Geiseln und die unschuldigen Opfer im Gazastreifen, für die Frauen im Iran, für die Mütter, deren Kinder nie zurückkehren.
Eines Tages kam ein alter Mann, der lange unterwegs gewesen war. In seinen Augen lag Schnee und Asche.
Er fragte: „Warum steht ihr hier, wenn die Welt so laut ist?“ Ein Kind antwortete: „Weil die Rosen still blühen. Und weil wir unsere Stimmen nicht verlieren dürfen.“
Der alte Mann lächelte und blieb.
So ging es weiter – selbst als der Krieg näher rückte. Selbst als Sorgen schwer wurden. Denn in der Rosenstadt wussten die Menschen: Freiheit beginnt dort, wo man nicht schweigt. Und wo eine Rose wächst, ist noch nicht alles verloren.“
Eltville am Rhein, 22. Juli 2025