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Mehr Engagement für die Demokratie
Eltville am Rhein. „In Syrien waren wir nur Zahlen“, berichtete Khaled Hussein, „Polizeibeamte betonten immer wieder ‚wir können euch löschen, wenn wir wollen‘.“ Dennoch ging er gemeinsam mit Freunden und seinem Bruder für seine Meinung in Syrien auf die Straße, wissend, dass es ihn das Leben kosten könnte. Umso mehr schätze er die Demokratie in Deutschland und das Recht auf eine freie Meinung, sagte er. Die Grundpfeiler der Demokratie – Freiheit, Grund- und Menschenrechte, Gewaltenteilung und Souveränität des Volkes – in Syrien sind sie bislang undenkbar. Dennoch hofft Khaled Hussein, der in Syrien Jura studierte, dass dies auch in seinem Heimatland gelebte Realität werden kann.
Demokratie lebt vom Diskurs
„Unsere Gesellschaft ist sehr bequem geworden, jeder ist nur in seiner eignen Blase unterwegs, wir engagieren uns zu wenig für unsere Demokratie“, bekundete eine Dame im Publikum und nahm sich dabei selbst nicht aus. „Ist Demokratie zu selbstverständlich geworden?“, hinterfragte Bürgermeister Patrick Kunkel bei den Gästen. Landtagsabgeordneter Ingo Schon meinte dazu: „Viele sehen die Demokratie als selbstverständlich und wünschen sich gleichzeitig, alles müsse schneller gehen, was auch mit dem hohen Standard zusammenhängt, den wir in Deutschland haben.“ Dass Demokratie mühsam sei und Zeit brauche, darin war man sich auf dem Podium einig. Genauso wie darüber, dass es sich definitiv lohne, sich für Demokratie Zeit zu nehmen. Ingo Schon führte als Beispiel die Debatte um den Parkplatz Weinhohle in Eltville an.
„Wir haben gemerkt, dass es zu diesem Thema viele Diskussionen gab. Daher haben wir kurzerhand eine Bürgerversammlung vor Ort gemacht, um uns alle Meinungen anzuhören.“ Dies sei ganz essentiell für eine Demokratie, betonte er. „Man muss es auch aushalten können, dass andere Menschen, andere Meinungen haben“, so Ingo Schon, „man kann versuchen, sie mit Argumenten zu überzeugen und am Ende entscheidet die Mehrheit – so ist Demokratie, die Macht des Volkes.“

Kritik konkret machen
In einer schneller und digitaler werdenden Welt scheint sich auch der Faktor Zeit beschleunigt zu haben. „Viele Menschen möchten auf Probleme sofort eine Lösung – dazwischen gibt es wenig Zeit zu überlegen“, beschrieb Khaled Hussein seine Wahrnehmung.
Ingo Schon bemerkte dazu, dass in den Medien und Social Media häufig nur noch der Streit zwischen Parteien oder ein aus dem Kontext gerissener Satz im Vordergrund stehe und es am Ende gar nicht mehr um die Sache oder die gefundene Lösung ginge. Gleichzeitig richtete er den Wunsch an das Publikum, Kritik immer konkret zu machen und nicht allgemein auf die Politik zu schimpfen. „Denn das vermittelt den Eindruck, als wäre das System kaputt – und das ist es nicht.“
Demokratie ist mehr als wählen gehen
Die Frage, was jede und jeder einzelne tun kann, um die Demokratie zu schützen, stand ebenfalls im Raum. Khaled Hussein betonte, dass Demokratie mehr sei, als alle vier Jahre wählen zu gehen. „Demokratie heißt Zustimmung, sie ist die Hauptsäule in allen Prozessen des Lebens.“
Jede und jeder könne die Demokratie schützen, indem er oder sie sich beispielsweise als Wahlhelfer oder in einem Verein wie der Philipp-Kraft-Stiftung engagiere. „Das Wichtigste ist der Respekt für die Demokratie!“ Ingo Schon ergänzte: „Jeder kann sich in die Gemeinschaft einbringen und damit zum Demokratiehelfer werden.“
Eltville am Rhein, 28. Oktober 2025


